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Uno-Resoluition zum Gaza-Krieg

Hoffnungsschimmer für Gaza?

19. November 2025
Erich Gysling
Erich Gysling
Gazastreifen
Hoffnungsschimmer für den zertrümmerten Gazastreifen? (Foto: Keystone/EPA/Mohammed Saber)

Die vom Uno-Sicherheitsrat angenommene Resolution 2803 zu Gaza mag mehr Fragen als Antworten aufwerfen – aber alles in allem bedeutet sie doch einen Hoffnungsschimmer für 2,2 Millionen Menschen im von einem mehr als zweijährigen Krieg zertrümmerten Gazastreifen. Er sichert den dem US-Präsidenten zugeschriebenen 20-Punkte-Plan international ab, was konkret heisst: Er ist völkerrechtlich bindend.

Dazu muss, einschränkend, angefügt werden, dass der Uno-Sicherheitsrat nur rein theoretisch über Mittel verfügt, Verstösse gegen seine Resolutionen zu ahnden; in der Praxis ist es nie dazu gekommen, dass er, respektive dass seine einzelnen Mitglieder, jemals von entsprechenden Kompetenzen (Sanktionen erlassen, allenfalls sogar einen militärischen Einsatz anordnen) Gebrauch gemacht hätten.  

Ein Blick in die internationalen Medien zeigt, wie unterschiedlich die Resolution aufgenommen wird. Der britische «Guardian» titelte: «One of the oddest UN Resolutions in History» (eine der seltsamsten Resolutionen in der Geschichte); «Der Standard» (Wien) gelangte zur Schlussfolgerung, Gaza sei jetzt der «Kontrolle Israels entzogen» worden,  jetzt sei Trump der «Herrscher von Gaza». Die NZZ urteilte: «Trumps Uno-Friedensplan steht nur die Realität im Weg»; und die «Frankfurter Allgemeine» schrieb, die Resolution bedeute eine «vage Friedenssicherung». 

«Historisch»?

Mit der verbreiteten Skepsis in den Medien kontrastiert die offizielle Sichtweise der USA, deren Uno-Botschafter Waltz das Votum im Sicherheitsrat als «historisch» bezeichnete. Präsident Donald Trump ging noch weiter: Der Beschluss werde zu «weiterem Frieden auf der ganzen Welt» führen, sagte er. Israels Premier Netanjahu äusserte, der nach Trump benannte Plan werde zu «Frieden und Wohlstand führen, da er auf einer vollständigen Entmilitarisierung, Abrüstung und Deradikalisierung des Gaza-Streifens besteht». Den Gegenpol vertreten die Hamas und der Islamische Jihad: Sie lehnen den Trump-Plan und die Resolution ab, weil sie einen «internationalen Vormundschaftsmechanismus» etabliere, folglich also eine Form von Kolonialismus darstellten. Der Präsident der palästinensischen Autonomiebehörde im Westjordanland, Mahmud Abbas, hingegen lobte Trumps Plan respektive die UNO-Resolution.

Also, was sind die Eck- und Knackpunkte in dieser Resolution?

Die drei zeitnächsten konkreten Schritte wären die Entwaffnung der Hamas-Kämpfer und der vollständige Rückzug Israels aus dem Gaza-Streifen sowie die Bildung einer so genannten «internationalen Stabilisierungstruppe». 

Welche Staaten würden Soldaten schicken?

Hamas soll noch immer über rund 20’000 Kämpfer verfügen, und deren Führung hat bereits kategorisch erklärt, eine Entwaffnung komme nicht in Frage. Was also, wenn die Militanten in ihren Tunneln unter den Trümmern im Gaza-Streifen, bewaffnet, weiter ausharren? Die Resolution 2803 hüllt sich für diesen Fall in Schweigen – wohl in erster Linie, weil allen klar ist: Die selbstmörderische Aufgabe einer Entwaffnung der Hamas-Kämpfer würde kein Angehöriger einer internationalen Truppe übernehmen.

Womit wir bei dieser «Stabilisierungstruppe» wären: Welche Staaten sind bereit, da eigene Kontingente zur Verfügung zu stellen? Vorerst gibt es einige positive Signale aus Indonesien und Aserbeidschan (auch aus der Türkei, aber deren Soldaten will Israel nicht mit dabei haben). Die betreffenden Regierungen gaben allerdings bereits zu erkennen, dass sie ihre Truppen allenfalls an die Grenzen zum Gaza-Streifen entsenden würden, nicht aber in die Küstenregion selbst – auch das erscheint bereits als zu riskant.

Wer soll den Gazastreifen regieren?

Doch wenn die Hamas nicht entwaffnet wird, bleiben die israelischen Truppen zumindest in Teilen des Gaza-Streifens, und Israels Regierung behält sich ja, nach eigenen Aussagen, das Recht vor, je nach Einschätzung der Lage wieder militärisch aktiv zu werden.

Zurück zur Uno-Resolution: Sie befasst sich auch mit der Frage, wie der Gazastreifen in Zukunft regiert wird. Da soll ein internationaler «Friedensrat» eingesetzt werden, mit politisch unabhängigen Palästinensern und Fachleuten aus arabischen und westlichen Ländern. Donald Trump erklärte dazu, er selbst werde den Vorsitz dieses Rats übernehmen. Der frühere britische Premier Tony Blair (in der nahöstlichen Region noch immer in schlechter Erinnerung an die Mitverantwortung für den Irak-Krieg von 2003) soll die praktischen Geschäfte leiten. Und der Rat soll mit einem «Mandat» ausgestattet werden, geltend bis Ende 2027.

Die Zukunft bleibt im Dunkeln

Der Begriff «Mandat» liess bei einigen Publizisten im Nahen Osten die Alarmglocken läuten: Er erinnere auf verhängnisvolle Weise an die Bevormundung durch frühere Mandatsmächte, etwa an jene der Briten über grosse Teile des Nahen Ostens, schrieben zum Beispiel der britisch-israelische Historiker Avi Shlaim oder der Publizist Daniel Levy im Newsportal «Middle East Eye». Das «Mandat» dieses «Friedensrats» sei wohl gewichtiger als die vagen Hinweise auf eine mögliche «Selbstverwaltung und Eigenstaatlichkeit» im Text der Resolution.

Gewichtiger ist möglicherweise auch die bereits von Exponenten der radikalen Rechtsparteien Israels geäusserte Drohung (Minister Itamar Ben Gvir tat sich da besonders hervor), palästinensische Politiker, die sich für einen unabhängigen Palästinenserstaat engagieren, vor Gericht zu stellen und sogar zum Tode zu verurteilen. Von solchen Extrempositionen distanziert sich Premier Netanjahu, auch wenn er immer wieder klarstellt, dass es keinen Palästinenserstaat gebe, so lange er an der Macht sei. Dem Text der Uno-Resolution habe die israelische Regierung nur zugestimmt, nachdem die USA Zusicherungen gemacht hätten, schrieb die Zeitung «Israel Hayom». Die Amerikaner hätten nämlich versichert, dass ein palästinensischer Staat nur in einigen Teilen des Westjordanlands gegründet werde. Und dieser «Staat» müsse total demilitarisiert werden. 

Fazit: die Resolution 2803 des Uno-Sicherheitsrats bietet den Palästinensern zwar kurzfristig einen Hoffnungsschimmer an, aber die weitere Zukunft bleibt im Dunkeln.

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