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Ukraine Tag 19

Heulende Sirenen

14. März 2022 , wird laufend aktualisiert
Mariupol, Neugeborenes
(Foto: Keystone/AP/Mstyslav Chernov)

Mariana Vishegirskaya hatte den russischen Raketenangriff auf die Entbindungsklinik in Mariupol überlebt. Kurz darauf gebar sie in einer anderen Klinik ein Mädchen. Das Bild zeigt sie mit dem Neugeborenen. Mariupol, Kiew, Charwik und andere Städte wurden am Montagmorgen erneut beschossen. Während Stunden heulten Sirenen. Ukrainische Militärs erwarten in Kürze neue russische Angriffe auf die Hauptstadt. Gespräche zwischen einer ukrainischen und russischen Delegation sind nach mehrstündigen Verhandlungen auf Dienstag vertagt worden.

«Technische Pause»

Die vierte Gesprächsrunde zwischen einer ukrainischen und russischen Delegation ist nach mehrstündigen Verhandlungen am Montagnachmittag bis Dienstag vertagt worden. Der ukrainische Chefunterhändler spricht von einer «technischen Pause». Die Gespräche würden aber weitergeführt.

Im Vorfeld der neuen Verhandlungen hatten sich beiden Seiten nicht ganz pessimistisch geäussert. Mykhailo Podolyak, der ukrainische Präsidentenberater und Chef der Kiewer Delegation, sagte, Russland sei «viel sensibler für die Position der Ukraine». Ein Kreml-Sprecher erklärte, er schliesse ein Treffen zwischen dem ukrainischen Präsidenten Wolodimir Selenskyj und Wladimir Putin nicht aus. Die Verhandlungen finden per Video-Schalte statt.

Podolyak sagte am Montagabend, Gesprächsthemen seien «Frieden, ein Waffenstillstand und ein sofortiger Abzug der russischen Truppen». Der ukrainische Standpunkt habe sich nicht geändert und werde sich nicht ändern. Zuerst brauche es einen Waffenstillstand, dann könne über weitere Themen diskutiert werden. Die russische Delegation verlangt unter anderem, dass die Krim als russisches Gebiet und die «Volksrepubliken» Donezk und Luhansk als unabhängige Staaten anerkannt würden. Die Ukraine lehnt beides ab.

Artillerieangriff auf Kiew

Bei einem Artillerieangriff auf die Hauptstadt wurde am Montagmorgen im Obolon-Distrikt ein Wohngebäude getroffen. Laut den lokalen Behörden starben mindestens zwei Menschen. Im getroffenen Wohnblock brach Feuer aus und alle Scheiben gingen in Trümmer.

Kiew, Beschuss eines Wohnhauses
Kiew am Montagmorgen (Foto: Keystone/AP/Vadim Ghirda)

Die Antonow-Flugzeugwerke im Nordwesten von Kiew sind nach Angaben der Stadtverwaltung am Montagmorgen von den Russen angegriffen und beschossen worden. Bilder des Portals «strana.news» zeigen eine riesige Rauchsäule über dem Werk. Die Antonow-Werke bauen keine Militär-, sondern Fracht- und Passagierflugzeuge.

Flucht aus Mariupol

Die «katastrophale Lage» in der belagerten Stadt Mariupol im Süden des Landes soll eine der Prioritäten bei den Verhandlungen zwischen einer ukrainischen und einer russischen Delegation am Montag darstellen, sagte ein ukrainischer Unterhändler.

Mehrere hundert Menschen haben am Montag die belagerte und umkämpfte südukrainische Stadt Mariupol verlassen können. Sie haben auf einer geheimen Route im Morgengrauen mit 160 Autos die Stadt verlassen. Ihre Flucht wurde geheim gehalten.

Ein Konvoi mit Medikamenten, Wasser und Lebensmittel versucht, einen sicheren Weg in die Stadt zu finden. Die Strassen sind vermint, immer wieder wird auf Hilfskräfte geschossen. Selbst wenn es dem Konvoi gelänge, in die Stadt zu gelangen, wäre dies ein Tropfen auf einen heissen Stein.

Noch immer sind fast 400'000 Menschen eingeschlossen. Die Lage ist Mariupol sei «dramatisch», erklären Rotkreuzhelfer. Die Zahl der Toten ist auf 2'000 gestiegen. Es fehle an allem: an Strom, Wasser, Medikamenten und Lebensmitteln. Viel Menschen litten Hunger. Tote werden zum Teil in Massengräbern verscharrt. Nach Angaben des IKRK liegen Tote im Freien herum, teils unter Trümmern.

Ein Konvoi 100 Tonnen Medikamenten und Lebensmitteln hatte sich am Sonntag auf den Weg nach Mariupol gemacht. Angeführt wurde er von einem ukrainisch-orthodoxen Priester. Nach Angaben von Präsident Selenskyj blieb der Konvoi stecken, da er beschossen wurde und da die Strassen rund um Mariupol vermint sind. Bisher ist jeder Versuch, Hilfsgüter in die umkämpfte Stadt zu bringen, gescheitert. Aber, so Selenskyj: «Wir werden es wieder versuchen, bis wir unserem Volk helfen können. Denn sie gehören uns. Unser Mariupol. Heroisches Mariupol.»

Neun Tote in Riwne

Russische Flugzeuge haben im Morgengrauen einen Fernsehturm in der Stadt Riwne angegriffen. Dabei starben nach Angaben des Leiters der örtlichen Verwaltung, Witali Kowal, neun Menschen. Neun weitere wurden verwunden. Riwne ist eine Grossstadt nordwestlich von Kiew.  Auch in Kiew hatten die Russen in der Anfangsphase des Krieges einen Fernsehturm angegriffen.

Auch Israel

Israel hatte sich bisher nicht klar geäussert, ob es die westlichen Sanktionen gegen Russland mittrage. Der israelische Ministerpräsident Naftali Bennett hatte Putin im Kreml getroffen und mehrmals mit ihm telefoniert. Jetzt sagt der israelische Aussenminister Jair Lapid, auch Israel werde die Sanktionen anwenden. «Israel wird keine Route sein, Sanktionen gegen Russland zu umgehen», sagte er.

Kadyrow in der Ukraine?

Der tschetschenisch Machthaber Ramsan Kadyrow befindet sich nach eigenen Angaben in der Ukraine. In einem Video, das ihn nördlich von Kiew, nahe beim Flughafen Hostomel, zeigen soll, erklärte er, seine Kämpfer, die als besonders brutal gelten, würden sich den russischen Truppen anschliessen und sich am Angriff auf Kiew beteiligen.

Bald drei Millionen Flüchtlinge

Laut der am Montagmittag veröffentlichten neuesten Erhebung des Uno-Hochkommissariats für Flüchtlinge (UNHCR) sind bisher 2’808’792 Menschen aus der Ukraine geflohen. Polen hat 1’720’227 Flüchtlinge aufgenommen, Ungarn 255’291, die Slowakei 204’862, Moldawien 106’994, Rumänien 84’671.

Zudem sind 304’156 Ukrainer und Ukrainerinnen in andere europäische Länder geflohen. 131’365 gelangten nach Russland (siehe unten).

Flucht nach Russland

Menschen in der Ukraine sind nicht nur in westliche Länder geflohen, sondern auch nach Russland und Belarus. Wie das Uno-Hochkommissariat für Flüchtlinge (UNHCR) mitteilt, sind bisher in Russland 131’365 ukrainische Flüchtlinge registriert worden. Dabei handelt es sich vorwiegend um russisch-stämmige Menschen aus dem Osten der Ukraine. 1’226 Menschen sind laut UNHCR nach Belarus geflohen. 

Fliehende Russen

Laut einem Bericht der «New York Times» sind seit Beginn des Krieges «Zehntausende Russen nach Istanbul geflohen». Sie seien «empört über das, was sie als verbrecherischen Krieg empfinden», schreibt das Blatt. Sie hätten Angst vor der Wehrpflicht oder vor geschlossenen Grenzen und seine besorgt, dass sie «in ihrer Heimat keine Lebensgrundlage mehr haben». Zehntausende seien auch nach Armenien, Georgien, Usbekistan, Kirgisistan und Kasachstan gereist.

«Nicht wie gewünscht»

Der Chef der russischen Nationalgarde, Viktor Solotow, gestand am Sonntagabend ein, dass die russische Invasion nicht wie geplant verlaufe. «Ich möchte sagen, dass, nun ja, nicht alles so schnell läuft, wie man sich das wünschen würde.» Die Schuld gab er «Nazis», die sich hinter friedlichen Bürgern, Frauen und Kindern, in Schulen, Kindergärten und Wohnhäuser verstecken würden. Doch er gab sich zuversichtlich: «Die russische Armee wird siegen.» Die Nationalgarde kämpft an der Seite der Russen.

(Wird laufend aktualisiert)

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