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Tunesien

Ein weiterer Sieg der Demonstranten

27. Februar 2011
Arnold Hottinger
Am Sonntagabend ist der tunesische Ministerpräsident Mohamed Ghannouchi zurückgetreten. Er hielt eine ausführliche Rechtfertigungsrede auf einer Pressekonferenz, in der er seine Bemühungen, den Übergang zu einem demokratischen Regime, einzuleiten, darlegte. Doch der entscheidende Satz in seiner Rede war: "Ich bin nicht bereit, die Person zu sein, welche Entscheidungen trifft, die Opfer (Menschenleben oder Verletzte) verursachen."

Ghannouchi war ein alter Vertrauter von Präsident Ben Ali gewesen und hatte ihm über zehn Jahre lang als Minister gedient. Deshalb sind in Tunesien seit der Flucht Ben Alis immer wieder junge Demonstranten auf die Strasse gegangen. Sie wollten Ghannouchi nicht vertrauen, und sie forderten, er müsse gehen.

Die jüngsten Manifestationen haben auch gezeigt, dass die Demonstranten ungeduldig geworden sind, denn ihr Leben hat sich nach der Entfernung Ben Alis bisher nicht wirklich verbessert. Die Forderung nach "Arbeit" und "Leben", die viele vorbringen, konnte so schnell nicht erfüllt werden. Es besteht in Tunesien sogar die Gefahr einer Rezession. Die begreifliche aber unrealistische Ungeduld der Demonstranten gipfelte in der Forderung nach dem Rücktritt des alten Vertrauten Ben Alis.

Die alten Methoden: Demonstranten bewusslos geprügelt

Am Samstag und Sonntag demonstrierten in Tunis gegen hunderttausend Personen. Die Polizei war offensichtlich mit den alten Methoden aus der Ben Ali-Periode gegen die Demonstranten vorgegangen. Drei von ihnen verloren ihr Leben. Hunderte wurden gefangen genommen. Westliche Journalisten, die nun frei in Tunis arbeiten können, schilderten Szenen, in denen je fünf bis sechs Polizisten einzelne Demonstranten festhielten, sie bewusstlos prügelten und dann an den Füssen fortschleppten.

Dies muss der unmittelbare Anlass für den Entschluss des Ministerpräsidenten gewesen sein, abzutreten, obwohl er in seiner Rede erklärte, er habe diesen Schritt eine Woche lang erwogen und auch mit seiner Familie besprochen.

Ghannouchis Nachfolger ist schon bestimmt, es ist der 84jährige Beji Caid Essebsi, der unter Bourguiba als Aussenminister gedient hatte. Die Demonstranten feierten ihren "Sieg" ausführlich. Doch ihren wichtigsten Forderungen wirtschaftlicher und sozialer Natur wird auch die neue Regierung nicht mit dem Zauberstab nachkommen können. Daher ist sehr ungewiss, ob nun Ruhe und Ordnung in Tunesien hergestellt werden können. Gerade sie wären dringend notwendig wenn ein geordneter Fortschritt zu einem gerechteren und demokratisch geordnetem Leben der Tunesier erreicht werden soll.

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