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Musik des Monats

Edward Elgars «Enigma-Variationen»

4. Mai 2025
Iso Camartin
Nimrod
Edward Elgar: «Nimrod»

Werke, die nach dem Prinzip der Variation komponiert sind, haben einen ganz eigenartigen Zauber. Sie folgen den Gesetzen spielerischer Verwandlung und haben zum Ziel, uns mit Dingen zu überraschen, die wir in einem musikalischen Motiv niemals vermutet hätten. Als würden uns die Komponisten sagen: Hört einmal, was hier auch noch verborgen liegt!

Unter allen Werken Elgars gehören seine «Enigma-Variationen» zu den beliebtesten und bekanntesten. Sie entstanden zwischen 1898 und 1899. Die Berichte wollen, dass Elgar am Klavier improvisierte und seine Frau kommentierte: «Das ist eine gute Melodie.» Die Partitur ist dann «gewidmet meinen Freunden, die darin abgebildet sind».  Das Werk hiess zunächst: «Variationen über ein Originalthema» und erhielt erst später den Namen «Enigma-Variationen».

Ein Enigma ist ein Rätsel. Elgar portraitierte in diesem Werk seine Frau, seinen Freund und Verleger, eine Freundin der Familie, schliesslich wohl am meisten sich selbst. Was hören wir heute, um mehr als ein Jahrhundert von seiner Entstehungszeit entfernt, wenn wir uns diesem Werk zuwenden?

Das Werk besteht aus der Vorstellung des Themas und folgenden 14 Variationen mit einem Finale. Alles ist zunächst behutsam und zart, einschmeichelnd verführerisch, dann wird es geheimnisvoll wispernd, auf einmal ist es forsch, untergründig, vorbeihuschend und witzig frech. Es gibt aber auch Momente, die melancholisch betrübt daherkommen, bevor sie wieder ins pathetisch Angeberische, stürmisch Vorandrängende und furios Tobende drehen. Es folgen dann Partien, die man geradezu als feierlich religiös bezeichnen könnte.

Eine Variation nennt sich «Nimrod». Hier wird jemand portraitiert, der vermutlich ein altorientalischer König oder Held war. Worauf Elgar damit anspielt, ist schwer zu sagen, denn die Variation ist lyrisch versonnen, in sich gekehrt, wie jemand, der aus einem Traum erwacht und voll Zuversicht ist, ja geradezu schwärmerisch überströmend. Elgar kannte aber auch Momente künstlerischer Einsamkeit, nicht nur «Pomp and Circumstances»!

Diese von autobiographischen Anspielungen genährte Musik befreit uns, als Hörer uns frei zu fühlen und das Wort «Enigma» auf uns selbst anzuwenden. Ist nicht jeder Mensch sich selbst oft ein «Rätsel» und erst recht für die anderen, denen er im Leben begegnet?

Diese Musik, die alle grosse Dirigenten seit ihrer Entstehung gern interpretiert haben, höre ich am liebsten in der Interpretation von Sir John Barbirolli, der alle Schlüsselwerke Elgars mit besonderer Empathie eingespielt hat.

ELGAR - Enigma Variations (John Barbirolli, Philharmonia Orchestra)

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