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Iran

Die gesteuerten iranischen Präsidentschaftswahlen

23. Mai 2013
Arnold Hottinger
Der Wächterrat Irans hat soeben bekanntgegeben, welche Personen als Kandidaten für die iranische Präsidentenwahl antreten dürfen. Unter 683 Anwärtern hat der Rat 8 als Kandidaten zugelassen.

Der Wächterrat ist von Khamenei, dem Herrschenden Gottesgelehrten ernannt und handelt entsprechend den Weisungen Khameneis. Unter den politisch bedeutsamen Personen wurden die beiden wichtigsten ausgeschaltet. Dies sind einerseits Ali Akbar Rafsanjani, ein Mitbegründer der Islamischen Republik und Mitstreiter Khomeinys, der zweimal als Präsident wirkte. In seiner Präsidentschaft wurden die Folgen des verheerenden Krieges mit dem Irak (1980-88) überwunden und das Land wieder aufgebaut.

Keine echte Auswahl für die Wähler

Ausgeschaltet wurde auch sein potenzieller Gegenspieler, Esfandiar Rahim Mashaei, ein enger Gefolgsmann von Ahmedinejad, den der ausgehende Präsident mit aller Macht als seinen Nachfolger zu fördern suchte. Die Amtsdauer des Präsidenten ist auf zwei mal vier Jahre beschränkt. Daher kann Ahmedinejad selbst nicht wiedergewählt werden. Ahmedinejad hat erklärt, er werde gegen die Ausschliessung seines Verbündeten Rekurs erheben. Doch ein Sprecher des Wächterrates entgegnete, Rekurse gegen die Entscheidungen des Wächterrates seien in der Verfassung nicht vorgesehen.

Die Kandidaten, die zugelassen wurden, gelten alle als zuverlässige und gehorsame Gefolgsleute Khameneis. Die Wahl unter ihnen bietet kaum mehr eine Auswahl von unterschiedlichen Tendenzen oder Programmen. Alle verbliebenen Kandidaten sind von der gleichen Grundfarbe. Dies entspricht zweifellos dem Willen von Khamenei.

Die Erschütterungen von 2009

Die vorausgegangene Präsidentenwahl von 2009 hatte Iran in seinen Grundfesten erschüttert. Damals hatten zwei Reformpolitiker viele Stimmen erhalten. Sie und ihre Anhänger, von der "Grünen Bewegung" waren überzeugt, sie hätten in Tat und Wahrheit die Mehrheit der Stimmen gewonnen und das Wahlresultat sei zu Gunsten von Ahmedinejad gefälscht worden. Eine grosse Protestwelle rollte über Teheran und das ganze Land. Doch der Protest wurde blutig niedergeschlagen. Khamenei bestätigte damals Ahmedinejads Wiederwahl. Noch heute befinden sich Hunderte, wenn nicht Tausende von Mitgliedern der "Grünen Bewegung" in den Gefängnissen. Dort haben sie mit Misshandlungen zu rechnen, die bis zur Folter gehen können.

Die damaligen Kandidaten und Führer des Protestes wurden im Februar 2011 unter Hausarrest gesetzt, und sind immer noch von ihrer Umwelt isoliert. Man weiss nicht einmal genau, wo sie sich befinden. Ihre Kinder wurden zu Gefängnisstrafen verurteilt. Viele der Anhänger ihrer Bewegung glauben, die Urteile seinen aufgrund von erfundenen Anschuldigungen gefällt worden.

Der Hausarrest wurde angeordnet, nachdem die beiden Anführer der heute abgewürgten Reformbewegung Anfang 2011 um Erlaubnis ersucht hatten, eine Grossdemonstration zur Unterstützung der damals laufenden arabischen Protestbewegungen durchführen zu dürfen. Ihr Gesuch wurde abgelehnt, und der Hausarrest folgte.

Rafsanjanis Mahnung zugunsten der Reformer

Rafsanjani, der nun nicht zugelassene ehemalige Präsident Irans, Mitbegründer und Würdenträger der Islamischen Republik, zeigte einige Sympathie mit der Grünen Bewegung, und er hat damals auch die Regierung öffentlich ermahnt, ihre Widersacher und Kritiker nicht zu misshandeln. Wäre er für die Wahl zugelassen worden, wäre er zum Kandidaten der Reformtendenz geworden, das heisst jener Kreise von Iranern, die daran glauben, oder doch damals glaubten, dass ein allmählicher Übergang Irans zu einem mehr demokratischen Regime in kleinen Schritten bewerkstelligt werden könne.

Unter den zugelassenen Kandidaten hat diese Ausrichtung angesichts der Ausschaltung Rafsanjanis keinen Vertreter mehr, es sei denn, man wolle einen der am wenigsten bekannten von allen Zugelassenen, Mohamed Reza Aref, einen ehemaligen Vizepräsidenten und einstigen Technologieminister, als solchen gelten lassen.

Khamenei wünscht Ruhe und keine Kontroversen

Die bekannteren Personen, unter denen nun die Wahl stattfinden soll, sind alle solche, die hohe politische Positionen bekleidet haben und diese erhielten, weil Khamenei sie als seine zuverlässigsten Vertrauensleute einstufte. Darunter sind zwei Chefunterhändler bei den Atom-Verhandlungen, der gegenwärtige Saeed Jalili und ein früherer, Hassan Rouhani. Auch zugelassen sind der ehemalige Aussenminister Velayati und der bisherige Oberbürgermeister von Teheran, Muhamed Baker Qalibaf, sowie der ehemalige Kommandant der Revolutionswächter, Mohamed Rezai, und der ehemalige Parlamentssprecher, Ghulamali Haddad Adel.

Die getroffene Auswahl zeigt klar, dass Khamenei ruhige und aller Kontroversen entkleidete Wahlen wünscht. Diese Stellungnahme bedeutet wahrscheinlich auch, dass Khamenei gedenkt, den bisherigen Kurs Irans unverändert fortzuführen.

Der Druck der Boykottmassnahmen

Ein solches Programm ist nicht selbstverständlich. Iran hat schwer gelitten und leidet weiter unter den primär von den Amerikanern angetriebenen wirtschaftlichen Sanktionen. Der Wert des Rials ist stark gesunken, die Preise steigen dementsprechend, es herrscht Brennstoffmangel wegen mangelnder Raffineriekapazitäten. Iran kann sein Erdöl nur unter Schwierigkeiten und oft bloss verbilligt verkaufen, weil die USA allen Banken, die mit Iran Geschäftsbeziehungen unterhalten droht, sie könnten von Amerika boykottiert werden.

Die Sanktionen haben bis heute ihr Ziel nicht erreicht. Sie haben Iran nicht zum Nachgeben in seiner Haltung in der Atomfrage gezwungen. Doch die Sanktionen lasten auf der gesamten Wirtschaft des Landes und erschweren in erster Linie das Leben der Armen. Rafsanjani als Präsident hätte vielleicht versucht, diese Lage wieder einzurenken, möglicherweise sogar durch Konzessionen im Atombereich.

Absolut ausschliessen kann man nicht, dass vielleicht auch Khamenei an Konzessionen denkt und dass er alle Macht bei sich konzentriert, um sie anzupacken. Doch das Gegenteil ist leider sehr viel wahrscheinlicher, nämlich dass der herrschende Gottesgelehrte alle Macht in die eigene Hand nimmt, um seinen bisherigen Kurs gegen alle Bedenken und Widersprüche konzessionslos weiterzuführen und durchzusetzen.

Khamenei und seine Werkzeuge

Das Wahlprogramm sieht nun vor, dass am 14. Juni abgestimmt und schon am 15. die Resultate veröffentlicht werden. Fernsehdebatten in der Vorwahlperiode sind vorgesehen, doch sollen sie nicht "life" über den Bildschirm gehen, sondern zuvor aufgezeichnet werden. Das heisst natürlich, sie sollen "redaktionell bearbeitbar" und zensurierbar sein. Eine Massnahme, die gut zum Gesamtbild dieser Wahlen passt.

Man hat diese als kontrollierte und vorsichtig abgedämpfte Wahlen aufzufassen. Sie werden dazu dienen, Khamenei als weitgehend absoluten Herrscher zu bestätigen. Doch der Preis, den das Regime dafür bezahlt, besteht daraus, dass grosse Gruppen von Iranern, die sich bisher als Mitträger der islamischen Republik ansahen, sich innerlich von ihr lossagen werden. Aus diesen Gründen wird die Frage der Höhe der Wahlbeteiligung wichtig sein. Doch es werden auch Zweifel daran bestehen, ob die Regierung die wirklichen oder manipulierte Zahlen bekanntgibt.

Weite Schichten unberücksichtigt

Rafsanjani hatte seine Anhänger unter den Basarhändlern, den Geschäftsleuten, den Leuten der Mittel- und unteren Mittelklasse sowie unter den Reformwilligen, die ihm ihre Stimme gegeben hätten, weil er noch am ehesten für ihre Ziele zu wirken versprach. Die Anhänger Ahmedinejads finden sich in den Unterschichten, deren Sympathie der ausgehende Präsident systematisch pflegte, indem er ihnen Unterstützungsgelder und wirtschaftliche Hilfen zuhielt.

Beide dieser Grossgruppierungen werden sich nun in sehr viel geringerem Masse als bisher mit der Islamischen Republik identifizieren.

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