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Der Bundesrat im Bild

Bitte, schön lächeln

3. Januar 2016
Alex Bänninger
Mit seiner offiziellen Fotografie erntet der Bundesrat stets bissige Kommentare. Schuld daran ist nicht der Fotograf, sondern die Regierung.

"Welch grossartiger Picasso!" soll ein Bundesrat während eines Museumsbesuchs ausgerufen haben, was vom begleitenden Direktor mit der Bemerkung korrigiert worden sei, es handle sich um einen Spiegel. Die Nachhaltigkeit dieser Belehrung war gering. Jeweils pünktlich zum Jahresanfang schenkt die Landesregierung dem Schweizer Volk einen "Picasso". Er heisst "Bundesratsfoto" und müsste nicht sein. Die magistralen Damen und Herren sind fotografisch omnipräsent. Aber wenn schon: Warum wendet die Landesregierung Zeit und Geld auf, um freiwillig Witzbolden eine Freude zu bereiten?

Schwierige Balance

Eine Gruppenaufnahme stellt fotografisch höchste Ansprüche. Ohne Inszenierung geht es nicht. Doch die Wirkung soll eine natürliche sein. Die Balance kann nur einer hervorragenden Regie gelingen. Sie verlangt Proben und Interventionen bis in die Details des Hintergrundes, der Kleidung, der Farben, der Hand- und Fussstellungen, der Blickrichtungen, des Lichts.

Ziel des regieführenden Fotografen muss ein Bild sein, das Fachleute als gut beurteilen. Dann überzeugt es auch die Öffentlichkeit. Will die Aufnahme indessen den Fotografierten gefällig sein, schreitet das Unglück voran und endet bei Häme und Spott.

Weitab der Wirklichkeit

Ein Gruppenbild setzt definitionsgemäss eine Gruppe voraus. Das ist die Landesregierung genau genommen nicht. Sie nennt sich zwar Kollegialbehörde und Siebner-Kollegium, besteht aber aus gleichberechtigten Einzelkämpfern. Ihre Dauerbeschäftigung ist das Ringen von Mehrheiten gegen Minderheiten und das mühselige Zusammenraufen für den Kompromiss.

Die bundesrätliche Selbstdarstellung als harmonisch funktionierendes Team liegt weitab der Wirklichkeit. Das wird auch aus dem Gruppenbild deutlich. Es zeigt Anstrengung, Unbehagen und Verklemmtheit.

Unwahre Geschichte

Damit fehlt der Aufnahme das Wichtigste, nämlich die Glaubwürdigkeit. Es erzählt die unwahre Geschichte von solistischen Stars, die volkstümlich behaupten, ein lammfrommes Chörli zu bilden. Wer es glaubt, darf die Fotografie einrahmen und über dem Sofa aufhängen.

Das Gelingen des offiziellen Konterfeis ist keine Frage der Fotokunst, sondern der Regierungskunst. Schafft sie im Gremium der Landesmütter und Landesväter mehr Eintracht als Zerwürfnis und mehr Zug am gleichen Strick in die gleiche Richtung, machen wir uns vom Bundesrat noch so gerne ein Bildnis. Darauf warten wir hoffnungsfroh und gespannt.

 

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