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Kurden im Irak

Bagdader Eliteinheiten besetzen Kirkuk

16. Oktober 2017
Arnold Hottinger
Werden die Kurden nach dem Handstreich auf ihr Zentrum kämpfen? Sie sind gespalten, was ihren Weg zum eigenen Staat angeht.

Irakische Regierungstruppen konnten am Montag erstaunlich rasch nach der umstrittenen Erdölstadt Kirkuk vordringen. Der Grund scheint zu sein, dass die Peschmerga der Patriotic Union of Kurdistan PUK nicht bereit waren zu kämpfen und den angreifenden irakischen Kräften das Feld überliessen.

Die kurdischen Peschmerga-Kämpfer bestehen aus zwei Hauptsektionen, von denen die eine der Kurdistan Democratic Party KDP angehört, die andere der PUK. Die KDP ist vom Barzani-Clan dominiert, und sie hat ihre Wurzeln in Nordkurdistan. Die Kurdische Einheitspartei PUK hat ihr Zentrum im Süden, in der Stadt Sulaimaniya, und ihre führende Famlie ist jene des früheren irakischen Staatschefs Talabani, der kürzlich verstorbenen ist.

Streit wegen Referendum

Die PUK hatte sich ursprünglich gegen das Referendum ausgesprochen mit der Begründung, der Zeitpunkt dafür sei unpassend und das Referendum werde nur den persönlichen Plänen Masud Barzanis dienen, des kurdischen Präsidenten. Seine Amtszeit wäre eigentlich abgelaufen, doch er hatte sich angesichts der bestehenden Kriegszustände – womit der Krieg gegen den IS gemeint war – geweigert, zurückzutreten.

Angesichts des gewaltigen emotionalen Echos, das der Vorschlag des Referendums unter den Kurden fand, hatte die PUK allerdings im letzten Moment dem Referendumsplan im Parlament von Erbil zugestimmt und an ihre Parteigenossen die Parole ausgegeben, jeder solle so stimmen, wie er es für richtig halte.

Der Umstand, dass die meisten PUK-Peschmerga seit Monaten keinen Sold erhalten – es fehlt schlicht das Geld, um sie zu bezahlen – könnte natürlich ebenfalls zu der ablehnenden Haltung der PUK-Peschmerga beigetragen haben. Die PDK-Sprecher reden von Verrat. Sie behaupten, PUK-Politiker seien heimlich mit der Bagdader Regierung übereingekommen, keinen Widerstand zu leisten.

Iran gegen das Referendum

Die PUK hat – im Gegensatz zur PDK – gute Beziehungen zu Iran. Der Chef der iranischen Quds-Kräfte (Auslandsgeheimdienst), General Qassem Solaimani, hatte sich dieser Tage in Sulaimaniya aufgehalten. Die Solaimani selbst und Iran nahestehenden schiitischen Milizen des Iraks waren die Kräfte, die am lautesten gegen das kurdische Referendum protestiert hatten. Sie hatten sofort gelobt, dass sie Kirkuk befreien wollten.

Die beiden kurdischen Parteien lagen vor der Referendumsinitiative, die von Barzani ausgegangen war, im Streit wegen der Frage des Rücktritts Barzanis, den dieser verweigerte. In der Vergangenheit hat es immer wieder Spannungen zwsichen den beiden historischen kurdischen Parteien gegeben. Zur Zeit Saddam Husseins, 1994 bis 1997 hatten sie sogar gegeneinander Krieg geführt, und Barzani hatte sich vorübergehend mit Saddam Hussein gegen die PUK zusammengeschlossen, die PUK mit Iran und auch mit der türkischen Kurdenpartei PKK. Die Amerikaner hatten dann Frieden gestiftet.

Gegenwärtig sollen sich zwei wichtige Ölfelder, die etwas westlich von Kirkuk liegen, Bai Hassan und Avana genannt, unter Bewachung der KDP-Peschmerga befinden. Ob diese sie verteidigen werden und wie erfolgreich sie dabei sein werden, ist zurzeit offen. Die Erdölfachleute in Kirkuk merken an, dass die Regierung von Erbil – in welcher die KDP dominiert – vom Erdöleinkommen aus Kirkuk völlig abhängig sei. Wenn sie es verliere, könne sie schlechterdings nicht weiterexistieren.

Kampf gegen den IS dauert an

Kirkuk gehört zu den umstrittenen Gebieten, die sowohl von den Kurden wie von der Bagdader Regierung beansprucht werden. 2014, als der IS die irakische Armee überrannte, rückten die kurdischen Peschmerga nach Kirkuk vor und hielten die Stadt gegen den Ansturm des IS. Seither haben sie dort dominiert.

Die Regierung von Bagdad hat beschlossen die Stadt zurückzuerobern, nachdem ein bitterer Streit über das kurdische Referendum ausgebrochen war. Die Bagdader Regierung und auch das dortige Verfassungsgericht sagen, das Referendum habe gegen die irakische Verfassung verstossen, weil diese einen föderalen Staat festlegt und nichts von Sezession weiss. Bagdad sagt, es sei zu Verhandlungen mit den Kurden bereit, jedoch nur nachdem diese ihr Referendum als ungültig erklärt hätten.

Die amerikanischen Sprecher in Bagdad fordern, dass Gespräche beginnen sollten. Sie unterstreichen, dass der Krieg gegen den IS noch immer andauere und dass alle Iraker sich auf ihn konzentrieren sollten. Ministerpräsident al-Abadi dürfte geneigt sein, ihnen zuzustimmen. Doch er muss mit den schiitischen Parteien im Parlament rechnen. Sie bilden die Mehrheit, und sie stehen voll hinter dem Vorstoss nach Kirkuk.

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