Die CS war too big to fail. Als Konsequenz ihrer staatlichen Rettung haftet jetzt das Gemeinwesen mit über 200 Milliarden Franken für die Sicherheit der neugeschaffenen Monsterbank. Es kommen unangenehme Wahrheiten auf die Schweiz zu.
Nur gerade fünfzehn Jahre nach der letzten Rettung einer Schweizer Grossbank – nach einem Jahrzehnt der risikoreichen Expansion in den USA war die UBS in der Finanzkrise 2008 in Schieflage geraten – hat bereits der Kollaps des zweitgrössten Finanzinstituts der Schweiz gedroht. Alle Schwüre, man habe gegen solche Pleiten vorgesorgt, die «Kultur» im Banking habe sich geändert, die Risiken würden verantwortungsbewusst gemanagt: leeres Gerede! Beide Grossbanken waren immer wieder in Skandale verwickelt. Nachdem lange die UBS Champion der Negativschlagzeilen gewesen war, hat ihr die CS in jüngster Zeit diese Krone entrissen. Sie ist die Skandalbank par excellence. Und geht nun unter.
Wäre es dabei nur um die CS gegangen, hätte man sie scheitern lassen können. Der sprunghafte Anstieg der Arbeitslosenzahlen und das Wegbrechen von Steuereinnahmen beim Kollaps grosser Unternehmen sind für den Staat zwar immer ein schwerwiegendes Problem, aber ein lösbares. Bei «systemrelevanten» Banken sieht das anders aus. Die Kettenreaktionen in der Wirtschaft hätten ein kaum beherrschbares Ausmass angenommen. Das Experiment eines Grossbanken-Groundings kann die Politik nicht wagen, auch in der reichen Schweiz nicht. Die in diesen Instituten schlummernden Risiken könnten die Wirtschaft des Landes erdrücken.
Jetzt ist mit der schlagartig vergrösserten UBS das latente Risiko für die Schweiz noch höher aufgetürmt. Zwar hat die UBS – vor allem im Vergleich zur ausser Rand und Band geratenen CS – seit einiger Zeit einen einigermassen guten Ruf. Doch der ist nicht in Stein gemeisselt. Der Konkurrenzkampf unter den Grossen der Finanzwelt ist unerbittlich. Zur DNA ihrer Big Shots gehört das Bestreben, als genial, entscheidungsstark und wagemutig zu gelten. Und da nach Murphys Law irgendwann schiefgeht, was schiefgehen kann, werden Risiken sich immer wieder als das erweisen, was sie eben sind: Wahrscheinlichkeiten des Scheiterns. Unter Konkurrenzdruck stehende Grossbanken, die geführt werden von ehrgeizigen, erfolgshungrigen Managern, werden auch zukünftig kleinere und grössere Crashs produzieren.
Für eine Volkswirtschaft von der Grösse der schweizerischen sind die heutigen Big Players der Finanzwelt zu gross. Ihre Risiken haben ein untragbares Format. Abstürze müssen deshalb vom Staat aufgefangen werden. Was aber wiederum den Risikoappetit dieser Institute stimuliert. Sie haben ja eine implizite und kostenlose Staatsgarantie. Ein Teufelskreis!
Die Schweiz kann sich ihre neue Monsterbank nur leisten, indem sie im Notfall für deren Rettung bereitsteht. Anders gesagt: Die Politik schaut weiterhin dabei zu, dass die Gewinne dieses Geschäfts privatisiert, die Verluste aber sozialisiert werden. Auf Dauer ein verheerendes Modell!
Bis jetzt haben Bankenlobby und bürgerliche Parteien in der Schweiz staatliche Eingriffe in die Bankenwelt kleinhalten können. Die Risiken sind aber jetzt nochmals vergrössert worden – paradoxerweise durch einen politischen Eingriff. Sie müssen nun besser früher als später wieder abgebaut werden. Dafür braucht es verschiedene Massnahmen, wie strengere Regulierungen sowie eine verstärkte, mit wirksamen Sanktionen bewehrte Aufsicht.
Das Wichtigste aber ist die Aufteilung der zu gross gewordenen Institute. Diese Massnahme wird nur gegen vehemente Widerstände durchzusetzen sein. Grossbanken werden argumentieren, sie würden dadurch an Profitabilität verlieren und in der Folge Arbeitsplätze abbauen und weniger Steuern zahlen. Für die Schweiz ist dies der Preis für die Reduktion der Grossrisiken auf ein Mass, das für das Land verträglich ist. Dies ist die Wahrheit, der wir uns zu stellen haben.