Es war die Nacht zum 11. Juli 1947. Um 03.30 Uhr verliess die «President Warfield» den südfranzösischen Hafen Sète. An Bord waren 4515 jüdische Flüchtlinge, unter ihnen viele Holocaust-Überlebende. Ihr Ziel: Palästina. Doch die Flucht verlief dramatisch.
Mit Lastwagen waren die Juden eingesammelt und nach Sète gebracht worden. Unter ihnen sollen sich, je nach Quelle, zwischen 655 und 955 Kinder befunden haben.
Das 118 Meter lange Schiff war von 1928 bis 1940 ein amerikanischer Vergnügungsdampfer für die bessere Gesellschaft. Die «President Warfield», wie das Schiff damals hiess, fasste 400 Passagiere und verfügte über 200 Kabinen, luxuriöse Tanzsäle und Bars.
Während des Zweiten Weltkrieges wurde es zunächst von den Briten und dann von den Amerikanern als Truppentransporter eingesetzt. Dabei war es auch während der alliierten Landung in der Normandie, wo es stark beschädigt wurde. 1945 wurde es ausgemustert und auf den Schiffsfriedhof in Baltimore gebracht. Nach dem Krieg wurden jüdische Kreise auf das Schiff aufmerksam, kauften es für 60'000 Dollar und stellten es wieder instand. Jetzt fuhr es unter der Flagge von Honduras.
Grossbritannien hatte Druck auf die französische Regierung ausgeübt, das Schiff nicht auslaufen zu lassen. Der Völkerbund hatte 1920 und 1922 Grossbritannien das Mandat für Palästina erteilt. Jetzt, nach dem Zweiten Weltkrieg, wehrten sich die Briten, dass massenweise illegale Einwanderer in ihr Mandatsgebiet strömten.
Trotz britischen Protesten verliess das Schiff den Hafen von Sète, steuerte durch die Kanäle zum Mittelmeer und gelangte aufs offene Meer. Verfolgt wurde es von mehreren britischen Zerstörern.
Die Fahrt verlief ruhig. Die sanitären Bedingungen an Bord waren schrecklich. Mitte Juli gelangte das Schiff vor die Küste Palästinas. Am 17. Juli tauften die Passagiere und die Besatzung die «President Warfield» auf den Namen «Exodus». Die honduranische Flagge wurde eingezogen und der David-Stern gehisst.
Britische Kriegsschiffe verhinderten, dass die Exodus in den Hafen von Haifa einlaufen und die Flüchtlinge an Land gehen konnten.
In den Morgenstunden des 18. Juli begannen die Briten, das Schiff zu entern und setzten Schusswaffen ein. Der Übernahmekampf dauerte vier Stunden. Nachdem britische Streitkräfte die Exodus gekapert hatten, geleiteten sie das Schiff in den Hafen von Haifa. 28 verletzte Juden wurden in Spitäler gebracht. Die restlichen Exodus-Flücjhtlinge wurden direkt in drei bereitliegenden Deportationsschiffe verfrachtet.
Diese drei Schiffe wurden zurück nach Frankreich beordert, wo sie am 29. Juli eintrafen. Dort gingen, je nach Quelle zwischen 30 und 130 vorwiegend ältere, gebrechliche Menschen von Bord. Die anderen weigerten sich, an Land zu gehen. Sie wurden schliesslich nach Deutschland deportiert. Am 8. September trafen sie im Hafen von Hamburg ein. Dort wurden die überlebenden Holocaust-Opfer unter den Augen internationaler Medien mit Gewalt von Deck gebracht und in scharf bewachte Lager verfrachtet. Norddeutschland war damals britische Besatzungszone.
Die internationale Reaktion war katastrophal. Der amerikanische Präsident Harry Truman rüffelte die britische Regierung. In den Lagern selbst formierte sich Widerstand.
Schliesslich kapitulierten die scharf kritisierten Briten. Ende September 1947 brachten sie die Palästinafrage in die Vollversammlung der Vereinten Nationen. Dabei gaben sie ihr vom Völkerbund erhaltenes Mandat für Palästina zurück. Am 14. Mai 1948 zogen die Briten aus Palästina ab.
Die in der britischen Besatzungszone im Norden Deutschlands in Lagern festgehaltenen Juden wurden freigelassen. Viele fuhren später erneut nach Südfrankreich und gelangten von dort aus nach Palästina.