Vor fünfzig Jahren trat der amerikanische Vizepräsident Spiro Agnew am 10. Oktober zurück. Zu gewichtig waren die Beschuldigungen wegen Bestechlichkeit geworden. Sein Chef, Richard Nixon, liess ihn ohne grosses Bedauern ziehen. Was Nixon noch nicht wissen konnte, war, dass er später selbst einen ähnlichen Schritt machen würde.
Spiro Agnew war eine überaus schillernde Figur. An der Johns Hopkins Universität studierte er Chemie und Rechtswissenschaften und wurde nacheinander Personalchef, Rechtsanwalt und Kommunalpolitiker. Und er war sehr wandlungsfähig. Stand er ursprünglich auf der Seite der Bürgerrechtsbewegung, griff er später als Gouverneur von Maryland nach den Rassenunruhen hart gegen sie durch. Ursprünglich sympathisierte er mit den Demokraten, wechselte dann aber in das Lager der Republikaner.
Seinen grössten Aufstiegserfolg erlebte er am 20. Januar 1969 mit seiner Vereidigung als Vizepräsident. Aber so ganz vertraute ihm Richard Nixon nicht. Jedenfalls kam er nicht in seinen engeren Zirkel. Trotzdem wurde er auch für die zweite Amtszeit Nixons als dessen Stellvertreter berufen.
Gleichzeitig aber begann sein Desaster. Denn Vorwürfe, er habe als Gouverneur von Maryland Bestechungsgelder im Zusammenhang mit der Vergabe staatlicher Aufträge in der Höhe von 100’000 Dollar entgegengenommen, wurden immer lauter. Dagegen setzte er sich mit den für ihn typischen Tiraden zur Wehr, aber es half alles nichts. Am 10. Oktober 1973 kam es zum Rücktritt. 1982 wurde er zur Rückgabe der Gelder verurteilt.
Besonders pikant ist eine Episode, die 2019 im Zusammenhang mit einer Fernsehshow ans Licht kam: 1989 erhielt Spiro Agnew vom saudischen Kronprinzen Fahd ibn Abd al-Aziz 2 Millionen Dollar, um Propaganda gegen Israel zu betreiben.
Agnew starb am 17. September 1996 im Alter von 77 Jahren. Mit seiner Art zu reden und öffentlich aufzutreten kann man ihn, wie die Wikipedia schreibt, als einen «Blitzableiter für die öffentliche Meinung» betrachten.
Das Foto entstand am 8. August 1973. In seiner gewohnten Manier kanzelte Spiro Agnew einen Reporter während einer Pressekonferenz in Washington ab. Er werde verleumdet, verspottet und als irrelevant abgetan.
(J21)