Volksinitiativen und Referenden sollen politische Notbremsen sein: Meint eine genügend starke Gruppierung auf dem «normalen» Weg – politische Meinungsbildung, Lobbying, Wahlen, parlamentarische Arbeit, Mitwirkung in der Regierung – nicht zum Ziel zu kommen, steht dieses ausserordentliche Instrument zur Verfügung. Ausserordentlich deshalb, weil das Initiativrecht an den klassischen drei Gewalten vorbei plebiszitär ins Handeln des Staats eingreift.
Seit einiger Zeit erzwingen Pol-Parteien und Bürgerbewegungen auf diesem Weg oft radikale Entscheide, die im normalen Parlamentsbetrieb, der unterschiedliche Gesichtspunkte zur Geltung bringt und Interessen ausgleicht, kaum möglich wären. Das ist nicht verboten, aber bei exzessiver Betätigung auf Dauer problematisch.
Meisterin solcher Direttissima-Vorstösse ist die SVP. Nun setzt sie mit einem neuartigen Instrument noch eins drauf. Da ihre 2010 angenommene Ausschaffungsinitiative nicht umgesetzt werden kann, will sie jetzt mit einer Durchsetzungsinitiative dem Volkswillen, wie sie sagt, Nachachtung verschaffen.
Erfolgreiche Initiativen sind Aufträge an die staatlichen Instanzen. Parlament, Regierung und Verwaltung müssen einen gangbaren Weg finden, das Plebiszit mit Gesetzen, Verordnungen und staatlichem Handeln umzusetzen. Es ist demokratische Sitte, solche Aufträge unverfälscht und in Verantwortung für das Staatsganze auszuführen. Kommt es hierbei zu kaum überwindlichen Schwierigkeiten, so deutet das auf den «unpolitischen», sich nicht um seine Realisierung kümmernden Charakter des Vorstosses hin.
Die Durchsetzungsinitiative schert sich ein zweites Mal nicht darum. Sie behandelt die politischen Instanzen der Schweiz als störrische Kinder, denen man halt zweimal befehlen muss, wenn sie beim ersten Mal nicht hören wollen. Mit dieser Herr-im-Haus-Pose, die sich Diskussionen nach gehabter Abstimmung verbittet, will die SVP die Ernte ihres Erfolgs ohne Rücksicht auf Beschädigung der Scheune einfahren.
Verantwortliche Politik erfordert einen differenzierteren Umgang mit Sachfragen und mehr Respekt vor Parlament und Regierung, die ja auch den Volkswillen verkörpern.