Mit einem Inserat wirbt der Buchverlag der NZZ «für kompetente Wirtschaftsbücher». Da ist sprachlich etwas schiefgegangen. Aber weshalb?
Man kann von wichtigen, interessanten, guten, ja durchaus auch von klugen Büchern reden. Im letzteren Fall durchdringt die Klugheit der Autorin den Inhalt und macht das Werk zu einem «klugen Buch». Wer sich so ausdrückt, weiss allerdings um den rhetorischen Wechsel der Ebenen, den er da unter der Hand mit etwas Taschenspielerei vollzieht. Es ist ja nicht das gebundene Stapelchen Papier, dem er da Klugheit zuschreibt, sondern er meint das Buch als Medium des geistigen Austausches und mithin als Begegnung mit den Gedanken einer klugen Person.
Wird in dieser rhetorischen Konstruktion «klug» durch «kompetent» ersetzt, so stürzt die Spielerei ab. Kompetenz meint die Befähigung oder Ermächtigung zu einem Handeln. Verfasser ökonomischer Literatur sollen selbstverständlich über Fachkompetenzen verfügen. Was sie in ihren Büchern niederlegen, ist aber nicht «Kompetenz» im oben umschriebenen Sinn. Fachbücher vermitteln lediglich Grundlagen, die den Lesern zum Erwerb oder zur Erweiterung persönlicher Fachkompetenzen verhelfen sollen.
Das kompetente Wirtschaftsbuch erinnert an Robert Musils «Mann ohne Eigenschaften». Im 13. Kapitel des Riesenwerks stolpert Ulrich, der Held des Romans, über den Ausdruck «das geniale Rennpferd». In Ulrich reift die Erkenntnis, dass in einer Zeit, die das Geniale derart banalisiert, er wohl oder übel ein Mann ohne Eigenschaften ist. Es ist zu befürchten, dass angesichts inflationären Gebrauchs des Kompetenzbegriffs man sich heute klugerweise als Mann ohne Kompetenz bezeichnen sollte.