- «Lego will bis 2030 nur noch Bio-Bausteine verkaufen.» (FAZ)
- «Die EU verpflichtet sich, die PKW-Emissionen bis 2030 um 37,5 Prozent zu senken.» (European Data Journalism Network)
- «Zero Hunger bis 2030» (Welthungerhilfe)
- «Mit der Verabschiedung der Globalen Nachhaltigkeitsagenda hat sich die Weltgemeinschaft dazu verpflichtet, bis 2030 eine hochwertige, inklusive und chancengerechte Bildung für Menschen weltweit und ein Leben lang sicherzustellen.» (Unesco)
Grosse Veränderungen wie Klimaschutz, Armutsbekämpfung, Chancengleichheit und manche mehr sind – wenn überhaupt – nur möglich durch Bündelung einer Vielzahl langfristig angelegter Einzelmassnahmen. Solche komplexen Prozesse brauchen eine weit vorausblickende Planung.
Die Chiffre «bis 2030» steht bei vielen dieser Vorhaben für die anzupeilenden End- oder Etappenziele. Beim Klimaschutz markiert das Jahr 2030 eine Zwischenstation auf dem Weg der bis 2050 zu erreichenden Klimaneutralität. Bei diesem wohl dringendsten Langzeitprojekt der Weltgemeinschaft ist man trotz der Allgegenwart des Themas noch bei weitem nicht auf Kurs.
Das Umschwenken beim Energie- und Rohstoffverbrauch mit dem Wenden eines Supertankers zu vergleichen, erscheint denn auch fast schon übertrieben optimistisch. Umso wendiger agiert die Sprache. Das «bis 2030» ist zur wohlfeilen Floskel degeneriert. Sie sollte nicht ohne weiteres für bare Münze genommen, sondern unter Einsatz gesunden Menschenverstandes hinterfragt werden:
- Warum braucht Lego mehr als zehn Jahre, um seine Plastik-Bauteile auf «Bio» umzustellen? Nutzt das Unternehmen die gängige 2030-Rhetorik, um das profitable Plastik-Geschäft noch möglichst lange betreiben zu können?
- Weshalb nennt die EU als Reduktionsziel bei PKW-Emissionen für 2030 einen so genauen Wert? Plant man Etappen denn nach halben Prozenten? Sind die 37,5 Prozent nicht eher das Ergebnis eines Feilschens, bei dem die Auto-Lobby kräftig nach unten gedrückt hat?
- Rein appellativ spricht die Welthungerhilfe von einer Beseitigung des Hungers «bis 2030». Die dafür notwendige Planung kann eine noch so honorige NGO selbstverständlich nicht leisten, so wenig wie alle die Uno-Organisationen ihre gewohnheitsmässig mit Jahreszahlen versehenen Programme in zielgerichtete und wirkungsvolle Aktionen umzusetzen vermögen. Woran man sich fatalerweise schon gewöhnt hat.
- Ein Beispiel für solch aussichtslose Zielformeln ist die «Globale Nachhaltigkeitsagenda» der Unesco, aus welcher das obenstehende Bildungsziel zitiert ist. Den Verfassern dürfte völlig klar gewesen sein, dass es «bis 2030» nie und nimmer zu erreichen ist.
Hohle Zielformulierungen wie die letztere bewirken nur sprachlichen Verschleiss. Dabei sollte immer klar sein: Wer angibt, «bis 2030» etwas schaffen zu wollen, macht damit keine vage Schätzung, sondern ein Versprechen. Doch notorisch gebrochene oder nicht ernstgemeinte Versprechungen untergraben das Vertrauen der Adressaten. Die Inflation der «bis 2030» oder «bis 2050» in Aussicht gestellten Problemlösungen kann nur dazu führen, dass die Leute abwinken.