Abschied. Abschied für lange? Abschied für immer? Eine junge Russin verabschiedet sich von ihrem Ehemann in Wolgograd. Zehntausende Russen haben bereits einen Stellungsbefehl erhalten. Doch die Aktion verläuft teilweise chaotisch.
Laut dem russischen Verteidigungsminister Sergei Schoigu müssen 300’000 Reservisten und «Männer, die militärische Erfahrung haben», eingezogen werden. Sie sollen die wenig erfolgreichen russischen Truppen in der Ukraine verstärken.
Gemäss russischen Medienberichten und Posts in den sozialen Medien verläuft die Rekrutierung nicht nach Plan. Zehntausende russischer Männer haben die Flucht ins Ausland angetreten. Andere wehrten sich, als die Sicherheitskräfte sie abführen wollten. Frauen von jungen Männern, die eingezogen werden, bespucken die Rekrutierungsbeamten. Viele Männer betrinken sich.
Sogar Tote wurden aufgefordert, sich zu stellen – ebenso Menschen mit schwersten körperlichen Behinderungen. Laut einem Tweet erhielt ein Verantwortlicher einer Notfallstation im östlichen Russland einen Stellungsbefehl. Er hatte noch nie ein Gewehr in der Hand. Die Notfallstation musste schliessen.
Die Rekrutierungen finden vor allem in ärmeren östlichen Regionen Russlands statt. Sie sollen das neue «Kanonenfutter» sein, erklären Kritiker der Mobilmachung. In den grossen Städten wie St. Peterburg oder Moskau wurden bisher erst wenige rekrutiert.
Laut Militärexperten wird die von Wladimir Putin angeordnete «Teilmobilisierung» die russische Armee in der Ukraine nicht wesentlich stärken. Die jetzt überhastet eingezogenen jungen Männer seien nicht ausgebildet und nicht motiviert – im Gegenteil: Viele seien Putin feindlich gesinnt und lehnten den Krieg in der Ukraine ab. Es sei nicht möglich, sagen die Experten, Zehntausende unerfahrene Reservisten innert weniger Monate in einer Armee zu integrieren.
(J21)